Am 03.03.2023 hat der Modehändler Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf (P&C) ein Schutzschirmverfahren zur Restrukturierung und Sanierung des Unternehmens beantragt, um das bereits angestoßene Restrukturierungsverfahren zu beschleunigen. P&C will nach eigenen Angaben das Schutzschirmverfahren nutzen, um sich an die veränderten Marktbedingungen in Deutschland anzupassen und für die Zukunft neu aufzustellen. Eine Schließung von Häusern sei nach aktuellen Planungen nicht beabsichtigt, wie der Händler betonte. Bereits jetzt sei allerdings klar, dass „ein nicht unwesentlicher Personalabbau in der Verwaltung inklusive der Führungsebenen“ notwendig werde.
Nachdem wir seit Bekanntwerden dieser Nachricht zahlreiche Anfragen von betroffenen Beschäftigten erhalten haben, möchten wir die am häufigsten gestellten Fragen hier aufgreifen und nachfolgend zusammenfassend beantworten:
Was bedeutet „Schutzschirmverfahren“?
Das Schutzschirmverfahren ist eine Variante des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Voraussetzungen sind die drohende Zahlungsunfähigkeit und / oder die Überschuldung des Unternehmens. Das Schutzschirmverfahren wird auf Antrag der Geschäftsführung beim Insolvenzgericht durchgeführt. Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens erhält das Unternehmen die Möglichkeit, seine Liquidität wiederzuerlangen und eine tatsächliche Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.
Hierfür erhält das Unternehmen eine Frist von höchstens drei Monaten, in der ein Insolvenzplan aufgestellt werden soll. Dieser Insolvenzplan enthält üblicherweise Maßnahmen, die das Unternehmen von belastenden Verbindlichkeiten befreit.
Anders als im regulären Insolvenzverfahren wird in der Regel das Unternehmen weiter von der Geschäftsführung geleitet, die für operative Maßnahmen entscheidungsbefugt bleibt. Sämtliche Maßnahmen der Geschäftsführung während des Schutzschirmverfahrens werden aber durch einen gerichtlich bestellten Sachwalter begleitet und überwacht.
Was müssen betroffene Beschäftigte während des Schutzschirmverfahrens beachten?
Das Wichtigste vorab: Die arbeitsrechtliche Position bleibt unverändert. Die Beschäftigten behalten ihre Ansprüche, insbesondere auf Vergütung und Urlaub, und bleiben im Gegenzug auch weiterhin zur Arbeit verpflichtet. Im Arbeitsalltag ändert sich also vorerst nichts.
Eine Änderung tritt regelmäßig erst dann ein, wenn das Unternehmen den regulären Geschäftsbetrieb einstellt. Regelmäßig kommt es dann zu Arbeitsfreistellungen, mit denen evtl. auch Urlaubs- und Freizeitausgleichsguthaben verrechnet werden können.
Behalten die betroffenen Beschäftigten ihren Kündigungsschutz?
Ja. Allein wegen des Schutzschirmverfahrens kann niemandem gekündigt werden.
Auch behalten die Beschäftigten ihre vollständige Betriebszugehörigkeit und einen etwaigen Sonderkündigungsschutz (z.B. aufgrund von Schwerbehinderung, Schwangerschaft, Elternzeit oder Betriebsratstätigkeit).
Spricht das Unternehmen während des Schutzschirmverfahrens eine Kündigung aus, muss diese den üblichen arbeitsrechtlichen Anforderungen genügen, um wirksam zu sein.
Außerdem muss das Unternehmen bei betriebsbedingten Kündigungen eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchführen. Liegen dringende betriebsbedingte Gründe vor, muss das Unternehmen daher vorrangig Beschäftigte entlassen, die sozial weniger schutzbedürftig sind, z.B. eine kürzere Betriebszugehörigkeit haben, jünger sind oder keine oder nur wenige Unterhaltspflichten haben. Sollte es also bei P&C zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, dann muss das Unternehmen auch diese Kriterien beachten.
Auch die Kündigungsfristen gelten während des Schutzschirmverfahrens unverändert fort.
Besteht ein Anspruch auf Insolvenzgeld während des Schutzschirmverfahrens?
Während des Schutzschirmverfahrens erhalten Beschäftigte über die Agentur für Arbeit längsten für drei Monate Insolvenzgeld in Höhe des letzten regelmäßigen Nettoeinkommens. Es umfasst aber auch weitere Bestandteile, wie z.B. Provisionen, Überstundenvergütung, Urlaubsgeld etc. Die Agentur für Arbeit zahlt auch die Pflichtbeiträge für Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Grundsätzlich muss der entsprechende Antrag von jedem Beschäftigten binnen zwei Monaten nach Eröffnung des Schutzschirmverfahrens bei der Agentur für Arbeit gestellt werden.
Die Personalkosten der rd. 6.800 Mitarbeiter werden in den kommenden drei Monaten von der Agentur für Arbeit übernommen, was die Finanzlage deutlich entspannen und damit die Chancen auf eine Fortführung des Geschäftsbetriebs erhöhen dürfte.
Bleibt eine betriebliche Altersversorgung während des Schutzschirmverfahrens geschützt?
Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung bleiben während des Schutzschirmverfahrens geschützt. Allerdings haben Unternehmen während des Schutzschirmverfahrens die Möglichkeit, Pensionszusagen gegenüber Mitarbeitenden zu kündigen. Je nach konkreter Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung kann diese sodann von dem betreffenden Beschäftigten selbst fortgeführt werden.
Was passiert nach dem Schutzschirmverfahren?
Nach dem Schutzschirmverfahren und der Aufstellung des Insolvenzplans liegt das weitere Schicksal des Unternehmens in den Händen der Gläubigerversammlung. Sie entscheidet über die Annahme des Insolvenzplans (dann ist das Schutzschirmverfahren beendet) oder dessen Ablehnung (dann erfolgen weitere Entscheidungen durch das Insolvenzgericht). Bei Annahme des Insolvenzplans werden die Ansprüche der Gläubiger entsprechend dem Plan behandelt und neue Verbindlichkeiten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb beglichen.
Wird der Insolvenzplan von der Gläubigerversammlung jedoch abgelehnt oder kann die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens auch durch den Insolvenzplan nicht verhindert bzw. beseitigt werden, schließt sich regelmäßig ein reguläres Insolvenzverfahren an. In diesem Fall geht die Vertretung des Unternehmens dann auf einen gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter über.
Die wirtschaftliche Sanierung eines Unternehmens ist stets eine besonders dynamische und für alle Betroffenen regelmäßig auch sehr belastende Situation.
Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite, wenn Sie in dieser herausfordernden Situation eine vertrauenswürdige, anwaltliche Unterstützung benötigen.
PETERS Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Team Arbeitsrecht