Aufatmen bei den Entleih-Unternehmen – der 9. Senat des BAG festigt seine Rechtsprechung zu den sog. verdeckten Arbeitsverhältnissen:
„Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher nach geltendem Recht auch dann kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht als Arbeitnehmerüberlassung, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden ist (verdeckte Arbeitnehmerüberlassung).“
Mit anderen Worten: auch ein nur zum Schein abgeschlossener Werkvertrag, der eine Arbeitnehmerüberlassung verdeckt, begründet kein Arbeitsverhältnis mit dem Entleih-Unternehmen. Voraussetzung ist lediglich, dass eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besteht.
Mit diesem Urteil vom 12.07.2016 (Aktenzeichen: 9 AZR 352/15) bestätigt der Senat seine Entscheidung zur vorgenannten Fragestellung in ähnlich gelagerten Verfahren (9 AZR 51/15; 9 AZR 359/15; 9 AZR 537/15 und 9 AZR 595/15).
Im konkreten Fall klagte eine technische Zeichnerin, die bei einem Automobilunternehmen seit dem Jahr 2004 bis zum 31.12.2013 tätig war. Grundlage dieser Tätigkeit war ein zwischen dem Automobilunternehmen und der Vertragsarbeitgeberin der Klägerin als Werkvertrag bezeichnete Vereinbarung. Die Vertragsarbeitgeberin verfügte über die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.
Die Klägerin war der Auffassung, Ihre Vertragsarbeitgeberin und die Beklagte hätten nur Scheinwerkverträge geschlossen, um die Arbeitnehmerüberlassung zu verdecken. Aus diesem Grund könne sich die Beklagte nicht auf die erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung berufen. Sie wollte festgestellt wissen, dass zwischen ihr und der Beklagten (dem Entleiher-Unternehmen) ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Revision der Klägerin gegen die klageabweisenden Urteile der Instanzen hatte vor dem 9. Senat des BAG keinen Erfolg. Zwischen der Beklagten und der Klägerin sei auch dann kein Arbeitsverhältnis zustanden gekommen, wenn die Klägerin tatsächlich auf der Grundlage eines Scheinwerkvertrags als Leiharbeitnehmerin der Beklagten zur Arbeitsleistung überlassen worden wäre.
Für das BAG war streitentscheidend, dass die Vertragsarbeitgeberin der Klägerin über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung verfügte. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert iVm § 9 Abs. 1 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses (zum Entleiher) ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.
Soweit im Rahmen verdeckter Arbeitnehmerüberlassung über Gesetzesänderung und Sanktionierungen gestritten wird, darf zumindest nach der mehrfach bestätigten und aktuellen Rechtsprechung des BAG sowohl der betroffene Leiharbeitnehmer als auch das entleihende Unternehmen davon ausgehen, dass zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis zustande kommt, solange und soweit das entleihende Unternehmen (Verleiher) zu jedem Zeitpunkt der Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmerin im Besitz der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ist.
Nachzulesen bei: Pressemitteilungen des Bundesarbeitsgerichts; Mitteilung Nr. 35/16