In einem vielbeachteten Beschluss vom 21. Februar 2017 (Az. 1 ABR 62/12) weist der erste Senat des Bundesarbeitsgerichts darauf hin, dass es sich bei dem Einsatz einer DRK- Krankenschwester im Rahmen eines Gestellungsvertrag mit einem Krankenhaus um eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (kurz AÜG) handelt.Dies hat insbesondere zur Folge, dass – wie im zur Entscheidung berufenen Fall – der Betriebsrat eines betroffenen Unternehmens, also: des Krankenhauses, der Einstellung erfolgreich widersprechen kann.
In Deutschland sind Gestellungsverträge gängige Praxis – jedenfalls bislang. Durch einen derartigen Gestellungsvertrag wird die „Gestellung“ von Personal durch einen Arbeitgeber, einen Dienstherrn oder durch eine Bruder- bzw. Schwesternschaft an einen Dritten geregelt. Mit solchen Gestellungsverträgen unterstützt auch das DRK, also ein Verein, der offiziell keine Gewinnerzielungsabsicht hat, z.B. Pflegeeinrichtungen und Krankenhausbetriebe.
Bislang wurden die Gestellungsverträge in der Rechtsprechung nicht unter den Aspekten des AÜG geprüft. Das hat sich nun geändert und eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen im Rahmen von Gestellungsverträgen könnte betroffen sein!
Dabei hatte das Bundesarbeitsgericht folgenden Sachverhalt zu bewerten: Die Arbeitgeberin beabsichtigte eine Krankenschwester in Ihrem Krankenhausbetrieb einzusetzen, die Mitglied einer DRK-Schwesternschaft (e.V.) ist. Grundlage für diesen Einsatz war ein mit der DRK-Schwesternschaft geschlossener Gestellungsvertrag. Der Betriebsrat der Arbeitgeberin verweigerte form-und fristgerecht seine Zustimmung zu der geplanten Einstellung. Er machte geltend, es handele sich um eine verbotene, weil dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte dem Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen, zunächst mit Beschluss vom 06. Juli 2012 (Az. 6 TaBV 30/12) stattgegeben. Nach eingeholtem Vorabentscheid des Gerichtshofs der Europäischen Union korrigierte der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts diese Entscheidung jetzt. Aufgrund der gebotenen unionsrechtkonformen Auslegung liegt eine Arbeitnehmerüberlassung auch dann vor, wenn ein Vereinsmitglied gegen Entgelt bei einem Dritten weisungsabhängig tätig ist und dabei einen Schutz genießt, der – wie bei den DRK-Schwestern – dem eines Arbeitnehmers entspricht, bestätigt der 1. Senat.
Auch ein Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, jedoch gegen ein Gestellungsentgelt ein Vereinsmitglied an ein Unternehmen überlässt, fällt zumindest in der Bundesrepublik Deutschland dann in den Geltungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, wenn das Mitglied sodann dort unter dessen Leitung gegen Vergütung eine Arbeitsleistung erbringt. Eine Erlaubnis zur Arbeitgeberüberlassung nach § 1 I AÜG liegt in der Regel nicht vor.
Aufgrund der verschiedenen, teils auch erheblichen Rechtsfolgen für Verleiher und entleihende Unternehmen bei fehlender Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung stehen jetzt zahlreiche Arbeitsverhältnisse, die auf Grundlage der stark verbreiteten Gestellungsverträgen begründet sind, auf dem Prüfstand.
Die weitere Entwicklung und die Auswirkungen des Beschlusses auf die tägliche Praxis der deutschen Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime und vergleichbaren gemeinnützigen Einrichtungen bleiben abzuwarten.
(vgl. dazu Pressemitteilung des BAG Nr. 10/17)