Die ab dem 20.4.2020 geltende Corona-Schutz-Verordnung des Landes NRW möchte das Leben schützen. Dies ist ein nachvollziehbarer Ansatz. Er wird von den meisten Menschen in unserem Land geteilt. Bei dem Schutz des einen Rechtsguts „Leben und Gesundheit“ darf jedoch nicht über das Ziel hinausgeschossen werden. Wann dies in unserem Rechtsstaat der Fall ist, kann anhand der in den Art. 1-19 GG niedergelegten Grundrechte nachgelesenen werden.
Gleichrangig zum Schutz von Leben und Gesundheit stehen die freie Religionsausübung, die Berufsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und die Kunstfreiheit, um nur einige wesentliche soziale und wirtschaftliche Grundrechte zu nennen. Der Verfassungsgesetzgeber selbst hat den Seuchenschutz bereits im Blick gehabt, indem er in Art. 11 Abs. 2 GG die Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit zur Seuchenbekämpfung zugelassen hat. Aber eben nicht das vollständige Verbot der Religionsausübung, der Ausübung bestimmter Berufe, der Demonstration oder der Kunst. Darüber hinaus muss eine jede Einschränkung auch daran gemessen werden, dass in Deutschland Gleiches gleich und Ungleiches ungleich geregelt werden muss (Art 3 GG). Viele Bürger haben das Gefühl, dass dies in der Corona-Schutz-Verordnung nicht immer gelungen ist.
Klagen kann man in Deutschland aus gutem Grund immer nur, wenn man von einer Einschränkung selbst betroffen ist. Der normale Bürger kann deshalb in vielen Fällen nicht mit Aussicht auf Erfolg klagen. Denn Art. 11 Abs. 2 GG erlaubt gerade die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit. Der Verordnungsgeber ist allerdings in NRW (wie auch den anderen Bundesländern) einen anderen Weg gegangen. Er hat in die Rechte der Berufsfreiheit, der Religionsausübung und der Versammlungsfreiheit eingegriffen. Hier gibt es immer wieder individuelle Betroffenheit.
Die rechtlichen Maßnahmen, die durch einen Betroffenen ergriffen werden können, sind das abstrakte Normenkontrollverfahren (§ 47 Abs. 2 VwGO) mit einer Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht Münster und die Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Nur in Ausnahmefällen ist ein direkter Gang vor das Verfassungsgericht möglich. Darüber hinaus können in vielen Fällen Einzelverwaltungsakte auf der Grundlage der Corona-Schutz-Verordnung NRW mit der Berufung auf Grundrechte angegriffen werden.
Für alle Verfahren gibt es einstweilige Anordnungsverfahren für eine vorübergehende Regelung. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen vom 7.4. und 10.4.2020 deutlich gemacht, dass die Erfolgsaussichten mit zunehmender Dauer der Epidemie eher steigen, da dann mehr Erkenntnisse über den Verlauf der Epidemie vorliegen und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip wieder Geltung verschafft werden muss. In einer Entscheidung vom 16.4.2020 hat das Bundesverfassungsgerichts zum Versammlungsverbot bereits deutlich gemacht, dass dieses Recht nicht aufgehoben werden kann. Wir gehen davon aus, dass das Gericht dies bald auch für die anderen betroffenen Grundrechte ausurteilen wird, wenn es entsprechende Kläger gibt.
Gern beraten wir Sie bei allen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Corona-Schutz-Verordnung vom 16. April, in Kraft seit 20. April 2020.
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Düsseldorf, den 22. April 2020